Anmerkung: In
den Artikeln wurde die jeweilige Rechtschreibung der damaligen Zeit
beibehalten.
13. November 1937 : Der Sinn des
Ehrenmalentwurfs
16. November 1956 : Idsteiner
Ehrenstätte ist vollendet
30. März 1957 : Ernstes Wiedersehen
im Juni
Mai/Juni 1957 : Idsteiner
Ehrenfriedhof vollendet
Juli 1957 : „Leise Stimmen aus den
Gräbern mahnen …“
22. November 2005 : Nach
Kriegselend kam Hungertod
19. Dezember 2006 : Idstein vor
dem Beschuss bewahrt
8. August 2009 : „Wir haben im
Lazarett damals viel Elend gesehen“
13. August 2009 : „Der Liebe halber
nach Idstein“
30. September 2009 : In Gedenken
an Opa Herbert
22. Juli 2010 : „Gedenkstätten sind
wichtig“
15. November 2010
: Opfern ein Gesicht geben
17.
September 2012 : Ein Schatz für Jörg Fried
28.
Oktober 2013: Traurige Schicksale unter kleinen Namensplatten
15.
November 2014: Wie lebte August Höcker?
18.
April 2015: Idsteiner Pestalozzi-Schülerinnen forschen über Kriegsgefangene im
Zweiten Weltkrieg
20.
November 2018: Idsteiner gedenken auf dem Kriegsgräberfriedhof der Opfer
Nachfolgender
Artikel ist im Geist der nationalsozialistischen Zeit zu sehen!
Der Sinn des Ehrenmalentwurfs
Zwischen
Torgebäude und Schloss liegt ein Gelände, das eigentlich viel zu schade ist für
die Verwendung als Nutzgarten. Wenige Veränderungen an den bestehenden Mauern
sind notwendig, um hier den Rahmen für ein würdiges Ehrenmal in Verbindung mit
einem Aufmarschplatz der Partei und ihrer Gliederungen zu schaffen.
Vom
Schulhof her rücken die Marschkolonnen ein und stehen mit Front zum Torgebäude.
Eine Lindenreihe verdeckt die Scheunen der unteren Schlossgasse. Redner und
Fahnengruppen finden auf der breiten Freitreppe zu dem höher gelegenen Teil
Platz. Hier oben beginnt die eigentliche Heldenehrung. Eine Ligusterhecke
umschließt die lang gestreckte Grünfläche, an deren Rand Tafeln mit den Namen
der Gefallenen stehen. Steinbänke laden zu einer besinnlichen Stunde ein.
Von
Anfang an ist angenommen, dass die Anlage nicht nur ein Kriegerdenkmal für
1914-18, sondern eine zeitlose Verherrlichung der Tapferkeit und
Opferbereitschaft darstellen soll. Da werden auch die Namen der Gefallenen aus
früheren Kriegen Platz finden, da werden aber auch Tafeln von den ermordeten
SA-Männern und Hitlerjungen Kunde geben, auch wenn es keine Idsteiner gewesen
sind.
Ein
Steinplattenweg ermöglicht den Rundgang von Tafel zu Tafel. Und am Ende der
Reihe von Steinen, die von Opfern künden, auf erhöhter Bastion das eigentliche
Denkmal. Wie soll nun dies Denkmal heute gestaltet werden? Nach zwei
Jahrzehnten sind die Wunden vernarbt, deshalb wollen wir hier weder einen
sterbenden Krieger noch eine trauernde Frauengestalt. Nicht schmerzzerwühlt und
niedergeschlagen soll der Besucher weggehen, sondern in stolzer Freude über
unser Volk, das allezeit Männer hervorgebracht hat, denen Vaterland und Ehre
höher standen als das Leben. Für unsere Generation, der es vergönnt ist, den
Wiederaufstieg, die Ernte nach der blutigen Saat mitzuerleben, dürfte es nahe
liegen, in den Schluss des Weges mit den Opfersteinen das Hoheitszeichen des
Dritten Reiches zu stellen.
Die
Anlage liegt abseits vom Verkehr, zwischen stillen Häuserreihen und doch im
Herzen der Stadt. Wenn der Fremdenschwarm dem Autobus entströmt, um sich an
unserem schönen Rathausplatz satt zu sehen und satt zu knipsen, dann kann der
Fremdenführer auf seinen weiteren Reiz aufmerksam machen: Statt der gähnenden
Leere und des hässlichen Schornsteins sieht man durch den Torbogen einen
Pfeiler mit dem Hoheitszeichen. Einst wurde die Kirche nicht mitten im Verkehr,
sondern auf einem stillen Seitenplätzchen gebaut. Vom Rathausplatz gesehen,
mahnt der überragende Turm zur inneren Einkehr. So soll auch das Ehrenmal nicht
von dem geschäftigen Verkehr umbrandet sein und doch täglich den Blick auf sich
lenken. Es soll immer wieder erneut den Glauben an unser Volk wachrufen und uns
zu edler Tat begeistern.
Die
meisten Besucher fragen: „Wie groß wird das Denkmal?“ Es spielt keine große
Rolle, ob es 2 oder 10 Meter hoch wird. Seine Bedeutung erhält es durch die
Wichtigkeit des Punktes, an dem es gestellt ist, und durch seine Fassung, seine
Vorbereitung durch Mauern, Stufen und Pflanzen. Vorläufig ist es 4 Meter hoch
angenommen, die genaue Größe muss an Ort und Stelle durch Lattenmodelle
ausprobiert werden. Bei größeren Veranstaltungen ist eine Steigerung durch
einen Kranz von Hakenkreuzfahnen vorgesehen, bei nächtlichen Feiern werfen
unsichtbare Lichtquellen ihre Strahlen auf das Hoheitszeichen.
Wir
verweisen darauf, dass die Besichtigung des Modells für das Ehrenmal am
morgigen Sonntag in der Zeit von 10-12 Uhr vormittags und von 2-6 Uhr
nachmittags möglich ist.
Idsteiner Ehrenstätte ist vollendet
Grabfeld für 240
Soldaten / Moderne Gestaltung des Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge
Rechtzeitig
vor dem Volkstrauertag wurde die Ehrenstätte Idstein des Volksbundes deutsche
Kriegsgräberfürsorge im Ausbau vollendet. Die Arbeiten wurden zum ursprünglich
festgesetzten Termin zu Ende geführt. Die Einweihung wird, wie bereits
mitgeteilt, nicht am Volkstrauertag vorgenommen, sondern erst im kommenden
Frühjahr, wenn die moderne Grabanlage im Schmuck der erwachenden Natur steht
Ein
Schriftband aus Bronze, gegossen bei Rincker in Sohn,
wurde noch zu Füßen des roten Hochkreuzes angebracht. Es war die letzte der
auszuführenden Arbeiten, denn nun ist das Werk
von der Aufsicht führenden Stadtverwaltung beendet worden.
Nun
kann man einen stillen Gang zum Friedhof unternehmen und sich erneut davon
überzeugen, daß der Idsteiner Friedhof ein schönes
Zeugnis für die pflegliche Liebe der Bevölkerung ablegt. Ruhe und Frieden gehen
auch von der Grabstätte der 240 Soldaten inmitten des städtischen Friedhofes
aus. Nach Form und Art der Anlage fügt sich der Soldatenfriedhof dem Gesamtbild
harmonisch ein und stellt doch eine Besonderheit dar. Das drei Meter hohe Kreuz
aus Basaltlava und die über die Gräberfläche verstreuten Kreuzgruppen aus dem
gleichen Gestein der Michelnauer
Basalt-Tuffstein-Werke setzen bescheidene und doch an das Leid mahnende herbe
Akzente. In den kurzen Rasen sind die Namenssteine der Gefallenen eingelassen.
Die Steine wurden von den fränkischen Natursteinwerken geliefert. Kleine
Kieferngruppen, Heiderosen, Heister und Birken bilden den natürlichen Schmuck
des neuen Soldatenfriedhofs, der von niedrigen Bruchsteinmauern, einer Jasmin-
und einer Fichtenhecke umgrenzt wird.
Die
Gestaltung der Idsteiner Ehrenstätte weicht erheblich von dem ab, was man sonst
auf Zivilfriedhöfen gewohnt ist, entspricht aber ganz dem, was der Volksbund
deutsche Kriegsgräberfürsorge sich zur Ausgestaltung der Soldatenfriedhöfe im
In- und Ausland zum Ziel gesetzt hat. Die deutschen Soldatenfriedhöfe sind
intim, schlicht-würdig. Zwar weisen sie aus Gründen einer wirtschaftlichen
Pflege das geschlossene Rasenfeld auf, doch soll dieses nicht monumental
wirken, sondern hainartig, umhegt und friedlich. Deshalb stellt man hier und
dort zwischen Baumgruppen kleine Kreuze auf, die ihren Ursprung aus dem Zeichen
des Volksbundes nehmen, das fünf verschieden hohe Kreuze aufweist. Wenn dieses
Prinzip auch überall gleich ist, so läßt es doch die
verschiedensten Abwandlungen zu, die jedem Friedhof eine besondere Note geben.
Wer einen Angehörigen auf einem Volksbundfriedhof ruhen hat, wird sich zu
,,seinem Friedhof" immer wieder hingezogen fühlen. Das trifft in der Folge
auch für Idstein zu.
Neu für
alle Friedhöfe
Weil
wir den im Osten Gefallenen keine Ehrenstätte errichten können, hat der
Volksbund beschlossen, auf allen bestehenden und noch entstehenden
Soldatenfriedhöfen im Bundesgebiet ein symbolisches Mal zu setzen. Eine
Inschrift soll die Erinnerung an die Gefallenen im Osten wachhalten, zugleich
aber den Angehörigen der Ostgefallenen auch die Möglichkeit geben, dort ihrer
Toten still zu gedenken. Die erste Inschrift dieser Art wurde in Idstein
angebracht. Sie lautet: „An den Gräbern in der Heimat gedenken wir jener, die
in fremder Erde ruhen.“ Die Schrift wurde so gewählt, daß
man sie nicht im Vorübergehen lesen kann, sondern nur im Verweilen und
Gedenken.
An
der Ausgestaltung des Idsteiner Volksbund-Friedhofs haben auch einheimische
Handwerksbetriebe mitgewirkt. Außer städtischen Arbeitern, die bei den
Umbettungen halfen, sind für die Maurerarbeiten die Firma BeiI
(Idstein), für die Gartenanlagen die Firma Böckelmann
(Bierstadt) und für die Steinmetzarbeiten die Firma Link (Idstein) zu erwähnen.
Man möchte wünschen, daß sich viele Besucher am
Volkstrauertag auf den Weg machen, um den neuen ldsteiner
Soldatenfriedhof zu sehen und zu erkennen, daß die
Toten der Kriege im Alltag nicht vergessen werden, weil man sie als die
eigentlichen Zeugen für den Frieden nicht vergessen darf.
Ernstes Wiedersehen im Juni
Einweihung des
Soldatenfriedhofes erfordert Vorbereitungen
Wie
Bürgermeister Schreier (Idstein) bekanntgab, soll die Einweihung des neuen
Idsteiner Soldatenfriedhofes am Sonntag, 23. Juni, in feierlicher Form
vorgenommen werden. Dieser Termin wurde im Einvernehmen mit dem Volksbund
deutsche Kriegsgräberfürsorge und dem Landratsamt vereinbart. Bei rund
dreihundert Angehörigen jener Toten, die in Idstein ihre letzte Ruhe fanden,
wurde inzwischen schriftlich angefragt, ob sie einer Einladung zur Feier folgen
können. Viele Angehörige wohnen in der Sowjetzone und bedürfen einer besonderen
finanziellen Hilfe. Aber auch in der Bundesrepublik wohnen Angehörige, die
wirtschaftlich nicht in der Lage sind, weite Reisen zu unternehmen. So schrieb
ein Bauer aus dem Allgäu, er möchte gerne einmal zum Grabe seines Sohnes
kommen, doch wisse er nicht, wie er von kargem Einkommen die Reise bestreiten
solle.
Der
Landrat beabsichtigt deshalb, unter Einschaltung der katholischen und
evangelischen Pfarrämter, die Bevölkerung des Kreises zu einer Spende
aufzurufen, um den Angehörigen der Kriegstoten den Besuch des Idsteiner
Friedhofs zu ermöglichen. Für Freiquartiere soll nicht nur in der Stadt,
sondern auch in den umliegenden Landgemeinden geworben werden. Außerdem ist
daran gedacht, die ehemaligen Bediensteten des Idsteiner Lazaretts zu einem
Treffen an diesem Tag in Idstein einzuladen, weil diese den Angehörigen
wahrscheinlich noch mit vielen wertvollen Auskünften dienen können. Gedacht ist
auch an ein Treffen der ehemaligen Fahnenjunker, die im Raum Idstein-Weilburg
eingesetzt waren und hohe Verluste 1945 erlitten haben.
Dieses
ernste und doch begrüßenswerte Wiedersehen soll vom Rundfunk, evtl. auch vom deutschen
Fernsehen übertragen werden. Der hessische Innenminister Schneider wird eine
Ansprache halten, außerdem ein Bundestagsabgeordneter, der sich um die
Bereitstellung der Bundesmittel für diesen Friedhof des Volksbundes besonders
verdient gemacht hat, weil hier ein enger Freund von ihm die letzte Ruhestätte
fand. Über weitere Vorbereitungen zur Gestaltung der Feier wird die Bevölkerung
rechtzeitig unterrichtet.
Idsteiner Ehrenfriedhof vollendet
Einweihung am 23.Juni
– Hilfsaktion für Besucher aus der Ostzone
Auf
dem Stadtfriedhof der alten nassauischen Residenz Idstein im Taunus entstand eine
Ruhestätte für 240 Gefallene des letzten Krieges. Ein drei Meter hohes Kreuz
aus roter Basaltlava und die über die Gräberfläche verstreuten Kreuzgruppen aus
dem gleichen Michelnauer Gestein setzen bescheidene
und doch an das Leid mahnende Akzente. In den kurzen Rasen wurden Namensplatten
aus fränkischem Naturstein für die Gefallenen eingelassen. Kleine
Kieferngruppen, Heiderosen, Ginster und Birken bilden den natürlichen Schmuck
des Friedhofs, der von niedrigen Bruchsteinmauern, einer Jasmin- und einer Fichtenhecke
umgrenzt wird. Ein bronzenes Spruchband trägt die Inschrift: ,,An den Gräbern
in der Heimat gedenken wir jener, die in fremder Erde ruhen." Es soll die
Erinnerung an die im Osten Gefallenen wachhalten, deren Gräber für uns noch
immer unerreichbar sind. Die offizielle Einweihung der Anlage erfolgte am 23.
Juni.
Es
war ein langer Weg, der zur Schaffung dieser Ehrenstätte führte. Seit dem Jahre
1949 verhandelte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge mit dem Land
Hessen über die finanziellen Voraussetzungen für das Projekt. Zuerst sollten
die Idsteiner Soldatengräber nach Bensheim an der Bergstraße, dann nach Bad
Schwalbach verlegt werden, wo in der Zwischenzeit ebenfalls Ehrenfriedhöfe des
Volksbundes entstanden sind. Ende 1953 wurde dieser Plan jedoch endgültig
aufgegeben, und das Idsteiner Stadtbauamt konnte einen Plan für die Anlage des
neu zu schaffenden Ehrenfriedhofs innerhalb des städtischen Friedhofs
aufstellen.
Weil
die Kriegstoten auf den Ehrenfriedhöfen des Volksbundes das fortdauernde
Ruherecht genießen, entschloß man sich, in
Übereinstimmung mit Landrat Dr. Vitense vom
Untertaunuskreis, die auf den Dorffriedhöfen der Umgebung ruhenden Gefallenen
nach Idstein umzubetten. Damit konnte zugleich die Arbeit zur Identifizierung
der unbekannten Toten beginnen. Kurz vor dem Volkstrauertag des vergangenen
Jahres gelang es, einen der Ietzten Unbekannten auf
dem neuen Soldatenfriedhof für das Gedächtnis der Menschen zu retten. Das
Zahnschema des Gefallenen trug zur Wiederauffindung des Namens bei. Am Tag des
Gedenkens konnte die Ehefrau des Gefallenen die neue Grabstätte aufsuchen und
zum ersten Male mit den Blumen ihrer Liebe schmücken.
Seit
dem Herbst des Ietzten Jahres und trotz einer
voraufgegangenen Unwetter-Katastrophe ist die Idsteiner Ehrenstätte vollendet.
Ihre Einweihung wurde bis zu diesem Sommer ausgesetzt, weil man den rund
dreihundert Angehörigen der Gefallenen eine Reise zur Winterszeit nicht zumuten
wollte. Viele Angehörige wohnen zudem in der sowjetisch besetzten Zone. Für sie
mußte eine besondere finanzielle Hilfe gewährleistet
sein. Das ist in der Zwischenzeit in die Wege geleitet worden. Am 23. Juni
konnte der Friedhof offiziell eingeweiht werden. Der Landrat des
Untertaunuskreises hatte eine Spendenaktion eingeleitet, die finanzielle Mittel
für die Besucher aus der Ostzone brachte. Die Stadt Idstein sorgte für genügend
Freiquartiere. Verbände, Vereine und Privatleute hatten Patenschaften für
Ostzonen-Besucher an diesem Tag übernommen.
„Leise Stimmen aus den Gräbern
mahnen …“
Mehr als zweitausend
Menschen erlebten Friedhofsweihe in Idstein
Mehr
als zweitausend Menschen nahmen am 23. Juni an der Einweihung der neuen
Ehrenstätte für 240 Gefallene auf dem Stadtfriedhof in Idstein/Taunus teil. Aus
dem Bundesgebiet, aus Mitteldeutschland, aus der Schweiz und Österreich waren
Angehörige der Toten in die alte nassauische Residenzstadt gekommen. „Die
leisen Stimmen aus den Gräbern mahnen die Lebenden, füreinander da zu sein und
Frieden zu halten untereinander.“ Das sagte in seiner Weihrede
Dekan a.D. W. Trepte, der Vorsitzende des
Landesverbandes Hessen im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge.
Nach Kriegselend kam Hungertod
Der Idsteiner
Geschichtsverein beschäftig sich mit den Toten der Kriegsgräberstätte
Passend
zu den Gedenktagen im November befasst sich der Idsteiner Geschichtsverein mit
den Toten des Zweiten Weltkrieges, die auf dem Idsteiner Friedhof beerdigt
wurden. Unter dem korrigierten Titel „Die Toten der Kriegsgräberstätte auf dem
Idsteiner Friedhof und die Idsteiner Reservelazarette“ brachte der ehemalige
Vereinsvorsitzende Dr. Karl Heinz Schmidt seine neusten Forschungsergebnisse
zum Vortrag.
Mit
Unterstützung von Jörg Fried hat Schmidt – ausgehend von dem Gräberfeld auf dem
Idsteiner Friedhof und den Listen der Kriegsgräberfürsorge – die Namen von mehr
als 200 Toten mit Eintragungen im Kirchenbuch abgeglichen und konnte so, dank
der zusätzlichen Bemerkungen der jeweiligen Pfarrer, verschiedene,
erschütternde Einzelschicksale vorstellen. Statistische Beobachtungen ergänzten
das Bild, das Schmidt von den Geschehnissen der letzten Kriegsjahre und ersten
Nachkriegsmonate in Idstein zeichnete.
Demnach
hat es zwei große Reservelazarette gegeben. Das Reservelazarett I war im
Kalmenhof untergebracht und umfasste zeitweise sämtliche am Veitenmühlweg
gelegene Gebäude sowie als Außenstelle das weit ab gelegene
„Seuchenkrankenhaus“ in der Landwirtschaftsschule. Das Reservelazarett II war
im Idsteiner Schloss, wohl mit einer Erweiterung in der Mittelschule. Über weitere
Dependancen in der Bau- oder Volksschule ließen sich keine Angaben machen,
ebenso nicht über eine genaue Datierung.
Die
erste ihm bekannte Beerdigung eines im Idsteiner Lazarett verstorbenen
Soldaten, der nicht in Idstein beheimatet war, fand am 1. Mai 1944 statt. Bis
dahin, so Schmidt, wurden die in Lazaretten verstorbenen Kriegstoten, wie auch
im Ersten Weltkrieg üblich, weitgehend in Heimaterde überführt. Nachdem
innerdeutsche Eisenbahnfahrten für die Leichenüberführung wegen der
Kriegsentwicklung nicht mehr genutzt werden konnten, stieg die Zahl der
auswärtigen Toten auf dem Idsteiner Friedhof deutlich an. Und auch mit
Kriegsende hörte das Sterben in Idstein nicht auf, im Gegenteil. Allein von Mai
bis Juli 1945 hatten die beiden Lazarette 144 Tote zu verzeichnen.
Offensichtlich nutzten die Alliierten Idsteins Lazarette für die Behandlung
ausgehungerter Kriegsgefangener, auch aus dem berüchtigten Lager Bretzenheim.
Idstein vor dem Beschuss bewahrt
Erinnerung an die
mutige Tat von Paul Cohaus / Heute vor 110 Jahren
geboren
Der
28. März 1945 war für den Bestand Idsteins der kritischste Tag seit dem
30-jährigen Krieg, denn an diesem Tag rollte die Front über die kleine Stadt
hinweg. Eine entscheidende Rolle spielte damals Dr. Paul Cohaus.
Sein Geburtstag jährt sich heute, am 19. Dezember 2006, zum 110. Male
- ein Anlass, an diesen Mann und an die damaligen Ereignisse zu erinnern.
Gegen
9.30 Uhr schossen die Amerikaner mehrere Granaten über die Stadt hinweg und
forderten über Lautsprecher von der Autobahn und von einem über der Stadt
kreisenden Beobachtungsflugzeug aus, einen Parlamentär, der die Stadt übergebe,
oder ein Zeichen, dass kein Widerstand geleistet werde.
Eine
zivile Behörde, die der Übergabeforderung hätte nachkommen kommen, war in in der Stadt nicht mehr vorhanden. Den deutschen Soldaten
in Idstein war eine Kapitulation nicht zuzumuten, denn die Standgerichte des
"obersten Kriegsherrn" ahndeten unbarmherzig mit dem Tod durch den
Strang. In dieser Situation waren es Idsteiner Bürger, die die Initiative
ergriffen. Die meisten Einwohner saßen in Erwartung einer Beschießung in ihren Kellern.
Die Anwohner am Marktplatz hatten eine besonders sichere Zuflucht in dem
Felsenstollen hinter dem Haus Marktplatz 6. Unter den hier Versammelten muss
sich der Entschluss zum Handeln durchgesetzt haben.
Bekannt
ist die Aktion des Albert Kaus (damals Marktplatz 2; 1959 abgebrochen), der die
weiße Fahne am Hexenturm anbrachte und danach in eine lebensbedrohliche
Situation geriet, weil deutsche Soldaten ihn des Verrats beschuldigten und ihn
gefangen in Richtung Heftrich abführten. Weniger
bekannt ist die Fahrt des Dr. Paul Cohaus (wohnhaft
Marktplatz 6) und des Herrn Hoeffner (damals wohnhaft
Weiherwiese 2) zu den Amerikanern an der Autobahn, um ihnen die kampflose
Einnahme Idsteins zuzusichern.
Über
diese Aktion gibt es drei sich in Nuancen unterscheidende Berichte. In zweien
schildert der spätere Bürgermeister Hoeffner, dass
"Dr. Cohaus mit mir" beziehungsweise dass Hoeffner "sich mit Cohaus
ins Benehmen gesetzt" habe, um mit dem Auto des Dr. Cohaus
zur Autobahn zu den Amerikanern zu fahren. Dort hätten sie mit einem
"Oberst Fiory von der 6. Tank-Division"
verhandelt und dabei erreicht, dass die Beschießung der Stadt Idstein
unterblieb.
Von
Dr. Paul Cohaus gibt es keinen eigenen Bericht über
das Geschehen an jenem 28. März 1945. Es entsprach nicht dem Wesen des
gebürtigen Westfalen, von seiner Person und von seiner Arbeit viel Aufhebens zu
machen. Das, was er an diesem Tag getan hatte, war das, was in dieser Situation
zu tun nötig war -und da wurde es eben getan. So, wie er ohne Zögern 1933 den
von den örtlichen NS-Leuten schwer verprügelten Idsteiner Sozialdemokraten und
Kommunisten ärztlichen Beistand geleistet hatte, so war auch sein Handeln 1945
vom Ethos des Helfens bestimmt, das ihn als Arzt auszeichnete.
Im
Dezember 1896 in Vreden im Münsterland geboten, war Paul Colaus
im Ersten Weltkrieg noch zwei Jahre Soldat gewesen. Unmittelbar nach Kriegsende
begann er das Medizinstudium, das er 1923 mit dem Staatsexamen abschloss.
Als
Assistenzarzt reiste er 1926 als Schiffsarzt durch Ostasien und 1929 an der
französischen, spanischen und portugiesischen Atlantikküste. Ab dem 20.
September 1929 war er in Idstein, Marktplatz 4 (früher Nr. 6) als praktischer
Arzt mit der Anerkennung als Facharzt für Chirurgie am Krankenhaus Idstein
tätig.
Zur
Sicherung seiner Existenz trat er 1933 der NSDAP und der SA bei. Das führte
dazu, dass er nach Kriegsende seinen Beruf nur eingeschränkt ausüben durfte und
sich einem Entnazifizierungsverfahren unterziehen musste.
Über
den Vorgang im März 1945 schrieb sein Verteidiger im Juni 1947: "...er
fuhr mit seinem Kraftwagen zum amerikanischen Gefechtsstand und übergab ... die
Stadt den Amerikanern. Als Dolmetscher hatte er den späteren Bürgermeister Hoeffner in seinem Wagen mitgenommen."
Hier
- wenn auch in einer Verteidigungsschrift - erscheint Dr. Cohaus
als der Initiator der Fahrt zur Autobahn und Hoeffner
war lediglich der dolmetschende Beifahrer.
Nach
60 Jahren ist es müßig, noch zweifelsfrei feststellen zu wollen, wessen Aktion
mehr zu der Bewahrung Idsteins beigetragen hat: Albert Kaus mit dem Aufziehen
der weißen Fahne weißen Fahne oder das Duo Dr. Cohaus/Hoeffner mit der Autofahrt zu den anrückenden Amerikanern.
Dr.
Paul Cohaus hat noch bis Ende September des Jahres
1960 in Idstein praktiziert. 1971 ist er mit seiner Frau nach Königstein
verzogen und ist dort am 20. August 1978 gestorben.
Er
wurde auf dem alten Friedhof in Hadamar begraben.
"Wir haben im Lazarett damals
viel Elend gesehen"
FUNDSTÜCK
Idsteiner Kachel von 1943 im Kriegsmuseum in der Normandie ausgestellt
Im
"Memorial de la Liberté retrouvée"
in Quinéville sind die Schrecken des Krieges
allgegenwärtig. Dort, wo am 6. Juni 1944 die Alliierten an den Stränden der
Normandie landeten und die deutschen Verteidigungsanlagen binnen weniger Tage
überrollten, befindet sich heute ein beeindruckendes Museum. Militärfahrzeuge,
Waffen und Kriegsgerät jeder Art, Uniformen und unzählige Dokumente informieren
über den Zweiten Weltkrieg und speziell über die Befreiung Frankreichs durch
die alliierten Streitkräfte.
Es
sind nicht etwa nur Veteranen des Zweiten Weltkriegs, die zu den
Schlachtfeldern Utah Beach oder Omaha Beach pilgern. Viele
geschichtsinteressierte Urlauber, wie Ursula Kleber aus Wörsdorf
und ihr Freund, verbringen Ferienwochen in der Normandie und verbinden ihren
Aufenthalt dort mit einem kurzen Abstecher von der N13 nach Quinéville.
Völlig überrascht war Ursula Kleber, als sie beim Gang durch die Museumsräume,
in einer unspektakulären Ausstellungsvitrine, zwischen deutschen Tellern,
Besteck und anderen Fundsachen ein Erinnerungsstück entdeckte, das sie hier nicht
vermutet hätte: Eine gerahmte Kachel mit dem Idsteiner Stadtwappen, dazu die
Aufschrift "Kriegsweihnachten 1943, Reserve-Lazarett Idstein i.T.".
Weg bleibt
ein Rätsel
War
diese Kachel, die vor fast 66 Jahren aus Anlass einer Weihnachtsfeier für
Kriegsverletzte, für Sanitäter und Schwestern des Idsteiner Lazaretts extra
angefertigt worden war, von einem der wieder genesenen Soldaten an die
vorderste Verteidigungslinie in der Normandie mitgenommen worden? Oder kam das
Stück vielleicht durch Ankauf auf dem Militaria-Markt nach Quinéville?
Eine Frage, die trotz Nachfragen in dem privat geführten Militärmuseum nicht
mehr zu klären ist.
Ein
Nachbar der Klebers in Wörsdorf, Günter Bangert,
befasst sich schon seit Jahren mit der Geschichte des Roten Kreuzes in Idstein.
Das DRK stellte in den Kriegsjahren Sanitäter und Schwestern für die Betreuung
von Kriegsverwundeten, die im Reservelazarett in Idstein aufgenommen wurden.
Bangert übergab das Foto, das das Erinnerungsstück zeigt, an die IZ. Bei
weiteren Recherchen stellte sich heraus, dass diese Kachel nicht die einzige
noch existierende ist. So befindet sich nach Auskunft von Idsteins ehemaliger
Stadtarchivarin Christel Lentz eine weitere im Depot des Stadtarchivs. Dieses
Stück war vor etlichen Jahren in Wolfenbüttel im Müll gefunden und über den
Idsteiner Gerd Lampe an Christel Lentz weitergegeben worden. Eine andere
befindet sich im Besitz von Ilse Brunner in Wörsdorf.
"Ich war damals Rot-Kreuz-Schwester", sind die Erinnerungen der
89-Jährigen an die Kriegsjahre noch sehr lebendig: "Im Reserve-Lazarett
gab es in jedem Jahr Weihnachtsfeiern und dazu gab es auch kleine Geschenke. Im
Jahr 1943 war es diese Kachel."
Russen im
Lazarett
Das
Idsteiner Reserve-Lazarett hatte damals mehrere Abteilungen. Ilse Brunner arbeitete
im ehemaligen Altenheim des Kalmenhofes am Bahnhof. "Wir haben im Lazarett
damals viel Elend gesehen", berichtet sie. Es gab damals nicht nur
deutsche Kriegsverletzte, die überwiegend mit dem Zug nach Idstein gebracht
wurden. So kann sie sich beispielsweise an eine Gruppe russischer
Kriegsgefangener erinnern.
Seuchenkrankenhaus
Intensiv zum
Thema Reserve-Lazarett geforscht hatte vor einigen Jahren Dr. Karl Heinz
Schmidt. Im November 2005 berichtete er im Idsteiner Geschichtsverein, dass das
Reservelazarett I zeitweise sämtliche am Veitenmühlweg
gelegene Gebäude belegt hatte sowie als Außenstelle auch das sogenannte
"Seuchenkrankenhaus" in der ehemaligen Landwirtschaftsschule
unterhielt. Das Reserve-Lazarett II befand sich im Idsteiner Schloss, wo schon
im Ersten Weltkrieg eine ähnliche Einrichtung bestand.
Nicht
alle, die im Idsteiner Lazarett Aufnahme gefunden hatten, überlebten. Zunächst
wurden die hier ihren schweren Verletzungen erlegenen Soldaten mit der Bahn in
ihre Heimatorte gebracht, später wurden sie auf dem Idsteiner Friedhof
beigesetzt. "Auch mit dem Kriegsende hörte das Sterben in Idstein nicht
auf, im Gegenteil. Allein von Mai bis Juli hatten die beiden Lazarette 144 Tote
zu verzeichnen", berichtete die IZ im Jahre 2005 über die Recherchen von
Dr. Schmidt. "Offensichtlich nutzten die Alliierten Idsteins Lazarette für
die Behandlung ausgehungerter Kriegsgefangener, auch aus dem berüchtigten Lager
Bretzenheim."
Ende 1940
aufgelöst
Die
Reserve-Lazarette waren bereits kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges
eingerichtet worden, zunächst aber nicht für allzu lange Zeit. "Das
Reserve-Lazarett wird mit dem heutigen Tage aufgelöst", hieß es am 11.
Dezember 1940 in der IZ. Dies wurde als erfreuliches Zeichen gewertet, beweise
die Auflösung doch, "daß wir in unserem
gewaltigen Heere nicht so viele Kranke und Verletzte haben, um alle während der
großen Schlachten gebrauchten Lazarette zu benutzen".
Doch
diese Phase währte nicht allzu lange. So berichtet die IZ am 17. Juli 1942 von
einer Veranstaltung der NSDAP-Wehrmachtsbetreuung, bei der Gaben aus der
Bevölkerung verteilt wurden: "Wie bei den vorangegangenen Betreuungen bot
der große Saal auch diesmal wieder dasselbe Bild: Hunderte von Verwundeten
warteten auf das, was da kommen soll..."
Idstein
Lazarettstadt
In
den Geschichtsbüchern der Stadt ist relativ wenig über diese schweren Zeiten
nachzulesen. Eine interessante Information aber gibt im Idstein-Buch der
Verfasser Dr. Fritz Geisthardt weiter: "Um die Stadt vor der Zerstörung zu
bewahren, wurde Idstein zur Lazarettstadt erklärt, worauf die Weilburger
Fahnenjunker, die den Feind an der Autobahn aufhalten sollten, nach Osten
abzogen." Ein oder zwei Tage später - es war Ende März 1945 - rückten
die Amerikaner mit Panzern in die Stadt ein, ohne dass es zu Kampfhandlungen
kam.
"Der Liebe halber nach
Idstein"
KRIEGSERINNERUNGEN
Neue Lazarett-Weihnachtsgaben aufgetaucht / Abenteuerliche Flucht
Eine
gerahmte Kachel, die aus Anlass der Kriegsweihnachtsfeier des Jahres 1943 im
Reserve-Lazarett Idstein als kleines Geschenk an die Verwundeten und die
Schwestern verteilt worden war und jetzt, rund 66 Jahre später, im Kriegsmuseum
von Quinéville in der Normandie entdeckt wurde, rief
bei vielen älteren Idsteinern Erinnerungen an die Kriegszeit ins Gedächtnis
zurück. Nach dem IZ-Artikel vom 8.August sind mehrere weitere Fundstücke
gemeldet worden.
"In
meinem Besitz befindet sich ein Bierkrug der Kriegsweihnacht 1942",
berichtet Gerd Möstl. Ähnlich wie die Kachel von 1943
war der Krug mit dem Idsteiner Stadtwappen versehen, dazu der Hinweis auf die
Kriegsweihnacht im Reserve-Lazarett. Anders als bei der 1943-er Kachel zeigt
der Krug aber zusätzlich einen Stahlhelm und symbolträchtige Zweige als
Dekoration.
Für
Gerhard Möstl hat der Krug eine besondere Bedeutung,
erinnert ihn das Stück doch an seine Eltern. Mutter Lilly, eine gebürtige Idsteinerin,
starb schon 1971. Sie war in den Kriegsjahren Rot-Kreuz-Schwester und lernte
Josef Möstl im Lazarett kennen. Als Angehöriger einer
Panzereinheit im Kaukasus wurde Möstl 1942, auf dem
Weg nach Baku, verwundet. Der junge Soldat, der aus dem Egerland (Roßhaupt/Rozvadov) stammte, wurde
mit einem Oberarmdurchschuss ins Lazarett gebracht, wo er Schwester Lilly
kennen und lieben lernte.
Doch
die Wege trennten sich wieder: Josef Möstl wurde
erneut zu den Waffen gerufen, war als Generalstabsfahrer in Paris eingesetzt
und kam erneut zur Panzereinheit. "Seine Truppe wurde in die Normandie
verlegt und kämpfte dort während der Invasion 1944", weiß Sohn Gerd aus
den Berichten des 1994 gestorbenen Vaters. In Straßburg kam Josef Möstl in Kriegsgefangenschaft. "Es gelang ihm aber
nach einiger Zeit, während Arbeiten am Rheinufer, mit einigen Kameraden
auszubrechen und unbemerkt den Rhein zu durchschwimmen. Direkt aus der
Kriegsgefangenschaft in Frankreich landete er, der Liebe halber, in
Idstein", schildert Gerd Möstl die
abenteuerlichen Stationen seines Vaters, der seine Freundin Lilly heiratete und
sich in Idstein niederließ.
"Es
gab meines Wissens in Idstein etliche `Lazarett- Ehen`", berichtet Gerd Möstl. Seine Idee: Es wäre doch interessant, diese Familien
ausfindig zu machen. Wer sich also melden möchte, kann in der IZ-Redaktion,
Tel. 0 61 26 /3221, anrufen oder eine E-Mail senden an wt-idstein@vrm.de.
Ein
anderes Erinnerungsstück an das Idsteiner Reserve-Lazarett brachte
Marlin-Joseph Nealen, seit vielen Jahren zu Hause in
der Rathausstr. 19 in Eschenhahn, jetzt mit in die IZ-Redaktion: Eine Kachel
von der Weihnachtsfeier 1942. In jenem Jahr gab es also ganz offenkundig nicht
nur Bierkrüge als Weihnachtsgabe für das Pflegepersonal und die
Kriegsverwundeten.
Nealen,
heute 76 Jahre alt, ist in Pennsylvania (USA) geboren, kam als junger Soldat
nach Deutschland und heiratete hier Maria Jeck. Marlins Schwiegervater Josef
Jeck war in den Kriegsjahren Soldat an der russischen Front. Schwere
Erfrierungen an den Füßen zog er sich damals zu und verbrachte daraufhin einige
Wochen oder Monate im Idsteiner Lazarett.
"Aus
jener Zeit stammt die Kachel", sagt Nealen. "Ich habe das Stück vor
vielleicht 25 Jahren auf dem Speicher gefunden und sie dann auf ein Regal
gestellt." Der Amerikaner, der in Deutschland - und natürlich
speziell in Eschenhahn - seine zweite Heimat gefunden hat und sich hier
ausgesprochen wohl fühlt, möchte die Kachel jetzt ans Idsteiner Stadtarchiv weitergeben.
In Gedenken an Opa Herbert
KRIEGSGRÄBER
Opfer sind nicht vergessen / Recherchen der Reservistenkameradschaft Idstein
Für
die Idsteiner Reservisten, die vor zehn Jahren die Aufgabe übernommen haben,
zweimal jährlich das Kriegsgräberfeld auf dem Idsteiner Friedhof pflegen, sind die
hier hinterlassenen Angaben mehr als nur Namen und Zahlen aus einer Zeit, die
schon viele Jahrzehnte zurückliegt.
Schon
seit einiger Zeit beschäftigt sich Jörg Fried mit Recherchen über einige
Verstorbene - und erlebte dabei auch Überraschungen. "Häufig liegen
hier, an der Grabsteinplatte des Obergefreiten Herbert Palme, geboren 1911 und
gestorben 1945, Blumen - und heute lag sogar dieses Herz aus weißem Stein
hier", erzählt Fried und hält das Steinherz hoch. "Opa Herbert"
steht auf der Unterseite. Diese Erinnerung einer Enkelin ist es, die Jörg Fried
und den Vorsitzende Sven Abschinski besonders anrührt. "Beim Säubern der
Platten von Moos, Gras und Laub macht man sich schon seine Gedanken darüber,
was der Tote für ein Mensch war und ob Angehörige vorhanden sind", sagt
Fried, der gemeinsam mit Karl-Heinz Schmidt vom Geschichtsverein und Archivar
der evangelischen Kirche Idstein Fried nach Angehörigen der toten Soldaten
recherchierte.
Auf dem
Friedhof sind nicht nur Idsteiner begraben, sondern auch jene, die in den
Lazaretten im Schloss oder Kalmenhof gestorben sind und fern der Heimat waren.
So hatte Fried einen Neffen eines verstorbenen Soldaten in der Nähe von
Stadtroda ausfindig gemacht und Kontakt mit ihm aufgenommen. "Der Neffe
war überrascht. Weinend erzählte er vom Verstorbenen und auch, dass er damals
nicht ausreisen und Abschied von dem geliebten Onkel nehmen durfte."
Dies
sind Momente, die Fried und Abschinski festhalten wollen - Erfahrungen,
dass die Toten nicht vergessen wurden. "Die Soldaten hatten keine Chance,
sie wurden im totalitären Regime verheizt und solche Orte sollen als Mahnmal
erhalten werden", erklärt Sven Abschinski.
"Jüngstes
der hier begrabenen Zivilopfer ist ein fünfjähriges Mädchen, das - wie ich
herausfand - auf dem Heimweg vom Verwandtenbesuch mit der Mutter am
Wiesbadener Bahnhof 1943 beim schlimmsten Bombenangriff ums Leben kam",
weiß Fried.
Durch
den Volksbund hatten die Idsteiner Reservisten diverse Einsätze im In- und
Ausland, pflegten auch einen russischen Friedhof und besuchten die
Schlachtfelder von Verdun. "Die verheerenden Auswirkungen des Krieges
wurden uns beim Anblick der 45 000 Kreuze versinnbildlicht. Deutsche,
Amerikaner und Franzosen liegen dort begraben", berichtet Abschinski
nachdenklich und fügt hinzu: "Diese Bilder gehen unter die Haut."
Die
Reservisten möchten die Menschen mit ihrer Arbeit zum Nachdenken bewegen und
ausrufen: "Es gibt so etwas auch hier! Schaut Euch an, was hier für
Menschen liegen. Junge Soldaten und Familienväter, sie alle sind bestimmt nicht
jubelnd in den Tod gelaufen!"
An
der Friedhofsmauer steht: "An den Gräbern in der Heimat gedenken wir
jener, die in fremder Erde ruhen 1914 - 1918 + 1939 - 1945". Die Idsteiner
Reservistenkameradschaft wünscht sich eine Plakette auf dem Friedhof, auf der
an die Bundeswehrsoldaten erinnert wird, die in Ausübung ihrer Pflicht, ihr
Leben im Krieg verloren haben.
"Wir
sind keine Freizeitrambos, sondern stehen immer zu den dienenden Soldaten und
wollen die Erinnerung an diejenigen erhalten, die im Krieg ihr Leben so sinnlos
verloren haben."
„Gedenkstätten sind wichtig“
INTERVIEW
Reservisten-Chef Jörg Fried recherchiert, welche Kriegstoten auf dem Idsteiner
Friedhof begraben sind
Bereits
vor fünf Jahren begann Jörg Fried, Vorsitzender der Reservistenkameradschaft
Idstein, damit, über die Kriegsgräberstätte auf dem Idsteiner Friedhof zu
recherchieren. Nachdem seine Nachforschungen einige Jahre geruht haben, hat er
seine Arbeit jetzt wieder aufgenommen. Fried will soviel wie möglich über die
Toten auf dem Idsteiner Gräberfeld herauszufinden - und benötigt dafür die
Hilfe der Öffentlichkeit.
Vor 65 Jahren war der
Zweite Weltkrieg zu Ende, vor 54 Jahren wurde die Kriegsgräberstätte auf dem
Idsteiner Friedhof eingeweiht. Was bringt jemanden dazu, sich nach so vielen
Jahren mit den Toten zu beschäftigen, die dort ruhen?
Seit
zwölf Jahren pflegen wir Idsteiner Reservisten diese Kriegsgräberstätte. Wir
rupfen Unkraut und reinigen zweimal jährlich die Grabplatten. Wenn man dann so
da an den Gräbern kniet und die Grabplatten abbürstet, hat man viel Zeit zum
Nachdenken. Man liest die Namen, sieht die Geburts- und Todesdaten. Irgendwann
habe ich mir dann überlegt: Was waren das wohl für Menschen? Wie sah derjenige
aus? Was hatte er für Träume? Was machte er in seiner Freizeit? Was hätte aus
ihm werden können, wenn der Krieg nicht gewesen wäre?
Ist das denn von
Interesse? Der Krieg ist lange vorbei, diese Menschen sind über 60 Jahre tot.
Dieser
Friedhof ist ein Teil unserer Geschichte, ein Teil der Geschichte Idsteins.
Diese Toten haben als Kriegsopfer – und ich sage ausdrücklich Kriegsopfer, weil
hier nicht nur Soldaten liege – ewiges Ruherecht. Aber was bringt das, wenn
sich niemand für diese Toten und das, was sie uns zu sagen haben, interessiert?
Solche Gedenkstätten sollen uns immer wieder an den Krieg erinnern und uns vor
Augen halten, dass so etwas nie wieder geschehen darf. Ich halte solche
Gedenkstätten gerade für junge Menschen für wichtig, die in der glücklichen
Situation sind, dass sie nie einen Krieg erlebt haben. Jede Schulklasse sollte
einmal diese Gedenkstätte besucht haben. Die Toten waren Menschen wie Sie und
ich – mit Träumen, Wünschen, Familien, Geschwistern, Eltern und Ehefrauen.
Diese Menschen haben es verdient, dass man sich an sie erinnert, dass man ihnen
ihre Lebensgeschichte zurück gibt, dass man ihnen ein Gesicht gibt.
Hilft das dem Gedenken?
Auf
alle Fälle. Ich habe inzwischen schon Begehungen mit Jugendlichen und auch
Erwachsenen auf dem Gräberfeld gemacht, habe zu einzelnen Toten berichtet und
Fotos gezeigt. Die Betroffenheit ist dann immer sehr groß. Es ist etwas anderes,
wenn man "nur" Grabsteine sieht oder wenn man Fotos dazu sieht,
Geschichten hört und sich den Menschen dazu vorstellen kann.
Wie kommt man nach so
vielen Jahren an diese Informationen?
Zuerst
einmal muss ein Grundgerüst an Informationen stehen. Dies basiert auf Daten,
die ich vom Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge, aus Kirchenbüchern und aus
den Sterbebüchern im Stadtarchiv habe. Das sind die Namen, Geburts- und
Sterbedaten, letzte Wohnorte, Namen und Anschriften von Hinterbliebenen. Dann
beginnt die "detektivische" Arbeit mit Hilfe des Internets. Mit den
Namen, Geburtsorten oder letzten Wohnorten habe ich die Telefonbücher
durchforstet nach Personen mit dem gleichen Nachnamen, die dort oder in der
Nähe wohnen. Dann heißt es einfach, diese Personen auf gut
Glück anschreiben und hoffen, dass es sich um Verwandte handelt.
War Ihnen das Glück
hold?
Ja,
schon gleich beim ersten Kontakt hatte ich Erfolg – es war der Neffe eines der
Toten hier auf dem Friedhof. Inzwischen habe ich zu Verwandten von acht Toten
Kontakt. Bei 235 namentlich bekannten Toten hört sich das nicht viel an. Aber
dafür, dass inzwischen 65 Jahre ins Land gegangen sind, finde ich das schon
einen beachtlichen Erfolg. Und weitere Kontaktanfragen stehen noch an – immer
eine nach der anderen.
Wie sind die Reaktionen
der Personen, die Sie anschreiben?
Durchweg
positiv. Diese Menschen sind glücklich, dass sich nach so vielen Jahren noch
jemand für den Bruder, Onkel oder Vater interessiert. Aber diese Nachforschungen
reißen auch wieder Wunden auf. Bei einem Telefonat ist mein Gesprächspartner in
Tränen ausgebrochen. Er hat bis heute nicht überwunden, dass er 1956 nicht zur
Beisetzung seines Onkels anwesend sein konnte, weil er in der damaligen DDR wohnte
und nicht ausreisen durfte. Eine Dame erzählte mir von ihrem Bruder, der mit 15
Jahren hier in Idstein im Lazarett starb. Er war in den Lagern am Rhein – den
berüchtigten Rheinwiesen -, von wo er halb verhungert nach Idstein kam und im
Lazarett starb. In seinem Nachlass fanden sich Kekse, die er sich vom Mund
abgespart hatte für seine kleine Schwester.
Wo gibt es Probleme?
Viele
Tote stammen aus den ehemaligen Ostgebieten. Da kann ich natürlich mit dem
letzten Wohnort nicht im Telefonbuch suchen. Hier stoße ich manchmal an meine
Grenzen.
Manchmal? Gibt es doch
einen Weg, um an Informationen zu kommen?
Ja,
denn es gibt fast für jeden ehemaligen Landkreis im Osten so genannte
"Kreisverbände" oder "Kreisgemeinschaften". Dort werden Karteien
der ehemaligen Bewohner geführt. Auch hier hat man mir schon weiterhelfen und
Kontakte vermitteln können. Manchmal führen die Internetrecherchen auch über
Umwege zum Ziel. So habe ich zu einem Toten aus dem Sudetenland einen Kontakt
nach Amerika gefunden und dort die Adresse der Nichte in Deutschland erhalten.
Was können Sie noch an
Hilfe gebrauchen?
Gerne
würde ich die Hilfe der Idsteiner in Anspruch nehmen. Ich sehe oft, dass auf
Gräbern Blumen oder Gestecke liegen. Nun wäre meine Frage, ob jemand aus
Idstein noch persönliche Beziehungen zu einem der Toten hat. Vielleicht kennt
auch jemand noch Angehörige eines der Kriegsopfer. Hier wäre ich für
Informationen sehr dankbar. Hinzu kommt, dass mich die Geschichte des
Kriegsgräberfriedhofes in diesem Zusammenhang interessiert. Hier wäre die
Frage, ob jemand eventuell noch Fotos von der Einweihungsfeier 1956 oder von
anderen Feierstunden oder generell vom Kriegsgräberfeld hat. Alles ist herzlich
willkommen.
Wie kann man mit Ihnen
Kontakt aufnehmen?
Gerne telefonisch unter 06126/560226
oder per Mail an fried.joerg@t-online.de.
Das Gespräch führte Volker Stavenow.
VOLKSTRAUERTAG
Zentrale Feier vor dem Rathaus
Getrud
Elsenmüller ist sechs Jahre alt. Die junge Idsteinerin ist am 24. Juli 1944 mit
ihrer Mutter am Wiesbadener Hauptbahnhof unterwegs, als die Bomben fallen. Sie
stirbt in den Armen ihrer ebenfalls verletzten Mutter, ein kleiner
Bombensplitter hat ihre Halsschlagader verletzt. Keine fünf Monate vorher war
ihr Vater in Russland gefallen.
Als
„das unschuldigste Opfer auf dem Kriegsgräberfriedhof“ hat Jörg Fried von der
Idsteiner Reservistenkameradschaft die kleine Gertrud bezeichnet, als er
gestern am Volkstrauertag, der in einer zentralen Gedenkfeier vor dem Rathaus begangen
wurde, den Versuch unternahm, den Toten ein Gesicht zu geben. Die Reservisten
pflegen seit über zehn Jahren das Gräberfeld, auf dem 250 Kriegstote liegen:
Deutsche, Russen und Ungarn, Soldaten, Kriegsgefangene und zivile Opfer. Von
235 kennt man die Namen. Fried versucht seit zwei Jahren die Schicksale der
Toten zu ergründen, hat Kontakte zu Verwandten geknüpft und erfahren: „Der
Schmerz ist noch lange nicht überwunden.“
Phillip
Bailer stirbt mit 24 Jahren am 6. Juni 1945 im
Idsteiner Lazarett. Zuvor war er in amerikanischer Gefangenschaft, im „Feld des
Jammers“ an den Rheinwiesen bei Bretzenheim. Man hat ihn, total schwach und
abgemagert, nach Idstein gebracht. Sein jüngster Bruder Eugen hat Jörg Fried
geschrieben: „Der Verlust von drei Brüdern in diesem sinnlosen Krieg ist mir
erst später bewusst geworden. Heute bin ich absoluter Kriegsgegner.“
Mit
15 Jahren ist Fritz Pip am 21. Juni 1945 ebenfalls im
Idsteiner Lazarett gestorben. Der Hitler-Junge aus St. Vith,
war zuvor im gleichen Gefangenenlager wie Bailer,
verhungerte dort fast. Beim Nachlass, der später der Familie übergeben wurde,
befinden sich ein Adressbuch und einige Kekse, die er sich vom Mund abgespart
hatte. Sie sollten für seine jüngste Schwester, die fünfjährige Resi, sein.
Noch Jahre bewahrte Resi das Ledermäppchen mit diesen Keksen auf.
Getrud,
Phillip und Fritz … drei von 250 Toten in Idstein, drei von sieben Millionen
deutschen Kriegstoten im Zweiten Weltkrieg, drei von rund 50 Millionen
Weltkriegstoten weltweit, drei von geschätzt 185 Millionen Kriegstoten der
Konflikte in den vergangenen Jahren.
Vor
dem Hintergrund dieser Zahlen macht auch Bürgermeister Gerhard Krum deutlich, dass es beim Volkstrauertag nicht nur um die
gefallenen Soldaten des Ersten Weltkrieges gehe. „Der Tag gehört allen Opfern
der Gewalt und mahnt uns, Frieden zu erhalten und die Verantwortung dafür zu
übernehmen.“ Um möglichst viele Menschen zu erreichen, habe man die zentrale
Gedenkfeier bewusst vom Friedhof auf den König-Adolf-Platz gelegt, wo gestern bei
schönem Wetter auch zahlreiche Passanten unterwegs waren.
„Mama,
was ist hier los?“, fragt ein kleines Mädchen, das mit seiner Mutter Richtung
Eisdiele geht. Sie ist vielleicht so alt wie die kleine Gertrud damals.
GESCHICHTE
Alter Grabstein eines toten Soldaten taucht wieder auf
Jörg
Fried recherchiert seit etwas mehr als drei Jahren zu den Toten der Idsteiner
Kriegsgräberstätte. Nun ist nach mehr als 56 Jahren nach der Umbettung eines
Soldaten aus Hausen v.d.H. nach Idstein der Original-Grabstein wieder
aufgetaucht. Für ihn ist das „eine kleine Sensation“.
Fried
wendet sich bei der Suche nach Informationen zu den Kriegstoten auf dem
Friedhof an alle, von denen er sich Hilfe oder Informationen erhofft. Viele
Tote sind im Jahr 1956 aus der näheren und weiteren Umgebung nach Idstein umgebettet
worden. Hier sollte eine zentrale Kriegsgräberstätte für den Untertaunuskreis
entstehen, da in Idstein bedingt durch die Lazarette bereits viele tote
Soldaten bestattet waren.
So
wurde im April 1956 auch der Stabsgefreite Bernhard Quade
aus Hausen v.d.H. nach Idstein umgebettet. Leider war es Fried bislang nicht
gelungen, etwas über die Todesumstände oder mögliche Verwandte herauszufinden.
So hat er im Sommer dieses Jahres den Ortsvorsteher von Hausen v.d.H., Steffen
Hahn, angeschrieben in der Hoffnung, dass es vielleicht noch Personen gibt, die
sich an den Soldaten Quade erinnern.
Bernhard
Quade fiel im März bei Rückzugsgefechten nahe
Fischbach und wurde an Ort und Stelle begraben. Bald nach dem Krieg wurde er
auf den Friedhof in Hausen v.d.H. umgebettet und dort am 1. Mai 1945 beigesetzt
- da war der Krieg in Hausen schon zu Ende. Laut Kirchenbuch der
Kirchengemeinde Bärstadt (wozu auch Hausen gehört)
fand die Beisetzung „unter Anwesenheit der ganzen Gemeinde“ statt. Doch leider
blieben die Nachforschungen von Hahn diesbezüglich erfolglos. Doch der
Ortsvorsteher hatte eine andere Nachricht: Kurz nach dem Schreiben Frieds wurde
bei Aufräumarbeiten in einer Scheune auf einem vermüllten und nicht mehr
bewohnten Grundstück in Hausen der Grabstein des Soldaten Quade
entdeckt, welcher von 1945 bis 1956 auf dem dortigen Friedhof sein Grab
markierte. Hahn war auf Frieds Bitte hin sofort bereit, den Grabstein zu
übergeben, zumal, so schrieb er Fried, „ich mir nur schwerlich vorstellen kann,
dass der Stein auf legalem Wege in die Scheune gelangt ist“. So gelangte der
Grabstein nun vor einigen Tagen zu Fried, dessen besonderer Wunsch wäre, wenn
der Grabstein am Rand der Idsteiner Kriegsgräberstätte nahe dem Grab von
Bernhard Quade seinen Platz finden würde. „Dieser
Grabstein ist ein Zeitzeuge“, sagt Fried. Der Stein enthält weder Dienstgrad
noch Geburtsdatum, das war bei der Bestattung noch nicht bekannt. Die Inschrift
lautet schlicht: „Hier ruht der Soldat Bernhard Quade,
gef. 28.03.1945 i.H.v.d.H.“.
Fried:
„Für mich ist es, als hätte ich einen Schatz gefunden. Solche Zufälle kann es
nicht geben, dass ich den Hausener Ortsvorsteher
anschreibe und just zu dieser Zeit der Grabstein wieder auftaucht. Hätte ich
auch nur ein halbes Jahr später geschrieben, wäre der Stein wieder irgendwo
verschwunden gewesen“.
Traurige Schicksale unter kleinen
Namensplatten
Den Toten ein Gesicht
geben / Eine etwas andere Stadtführung
Was haben
Phillip Bailer, Johann Hornsteiner,
Friedrich Welser und Eugen Engel gemeinsam? Ihre Gräber sind auf der
Kriegsgräberstätte des Idsteiner Friedhofes zu finden, einem Gräberfeld, auf
dem neben einigen Steinkreuzen vor allem kleine Steinplatten im Rasen
eingelassen sind, die die Namen von fast 250 Menschen tragen, Opfer des Zweiten
Weltkrieges, im Idsteiner Lazarett gestorben oder in der Region zu Tode
gekommen.
1957 wurde
die Gedenkstätte errichtet, mitten auf dem allgemeinen Friedhof, nur von einer Eibenhecke umgeben, ansonsten keineswegs abgeschottet von
den übrigen Grabstätten der Idsteiner Familien. Seit 1998 hat die
Reservisten-Kameradschaft in Idstein die Pflege der Gräberstätte übernommen –
und in diesem Zuge begann sich Jörg Fried, Vorsitzender der Reservisten in
Idstein, dafür zu interessieren, was das eigentlich für Menschen waren, die auf
diesem Gräberfeld ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Denn es sind auffällig
viele Menschen, die nicht aus Idstein kamen, hier begraben.
Phillip Bailer wurde 1921 in Steinhilben
bei Trochtingen geboren, hatte seinen letzten
Wohnsitz in Deutscheinsiedel im Erzgebirge, wo er
nach einer Verwundung im Russlandfeldzug Ausbilder war. Von dort aus kam er
Ende des Krieges in amerikanische Kriegsgefangenschaft, geriet in das Lager in
den Rheinwiesen bei Bretzenheim. Kurz vor dem Verhungern kam er schließlich
krank und entkräftet ins Idsteiner Lazarett, wo er starb.
Gestorben fern der Heimat
Johann Hornsteiner wurde 1918 in Mittenwald geboren. Im März 1945
erlebte er den Einmarsch der Amerikaner nach Lindschied,
wo er bei einem Bauern untergekommen war. Eigentlich war der Krieg für ihn
schon vorüber, doch das Schicksal wollte es, dass er
beim morgendlichen Waschen am Brunnen von einem amerikanischen Soldaten
erschossen wurde – warum, ist nicht bekannt, vielleicht nur wegen einer
falschen Bewegung.
Friedrich
Welser stammte aus Niederösterreich, wo er 1913 geboren wurde. Er hat den
Weltkrieg an unzähligen Fronten mitgemacht, in Frankreich, Russland und Afrika.
Auch er kam in amerikanische Gefangenschaft, danach ins Idsteiner Lazarett, wo
er kurz vor Weihnachten 1945 starb.
Eugen Engel
wurde 1907 in Oberschlesien geboren. Er war Schneidermeister und 1945 in einer
Militärschneiderei in Lahnstein tätig. Beim Rückzug vor den anrückenden
Amerikanern flüchtete er mit Kameraden in einem Auto. Bei Kemel
wurde der Wagen von Fliegern beschossen. Eugen Engel kam ums Leben und wurde in
Idstein beerdigt.
Seit einiger
Zeit bietet der Jörg Fried Führungen an, in denen er von diesen Menschen
berichtet. Eine fand am gestrigen Nachmittag statt. Trotz heftigen Regens war
eine kleine Schar Interessierter versammelt, um sich erzählen zu lassen, was es
auf sich hat mit den Grabstätten.
„Das traurigste Grab“
Und sie
erfuhren schier Unvorstellbares über die Grausamkeit des Krieges, über
unendliches Leid und Unrecht, das nicht nur Soldaten einander angetan haben, sondern
unter dem auch zahlreiche Zivilisten zu leiden hatten – so wie die sechsjährige
Gertrud Elsemüller, die beim großen Wiesbadener
Bombenangriff am 28. Juli 1944 mit ihrer Mutter in der Nähe des Hauptbahnhofes
unterwegs war und, von einem Granatsplitter getroffen, in den Armen ihrer
Mutter verblutete. Auch sie ist in Idstein begraben. „Dies ist das traurigste
Grab auf der Gräberstätte“, findet Jörg Fried, der seine Führung über die
Gräberstätte auch als Mahnung vor den Schrecken des Krieges versteht.
Wie lebte August Höcker?
Der Borgholzhausener starb im Lazarett in Idstein und wurde
dort begraben
Borgholzhausen/Idstein
im Taunus. Man weiß, wo August Höcker geboren wurde und wo er starb. Begraben
ist er auf der sogenannten Kriegsgräberstätte auf dem Idsteiner Friedhof. Nur
über die gut 40 Jahre, die zwischen Geburt und Tod von August Höcker liegen,
ist wenig bekannt. Jörg Fried aus Idstein möchte das ändern – und setzt dabei
auf die Hilfe der Menschen in Borgholzhausen, denn hier wurde August Höcker
geboren. „Ich will den Toten hier auf dem Gräberfeld ein Gesicht geben“, sagt
er.
Soldaten
aus allen Teilen der Wehrmacht, einige Opfer von alliierten Luftangriffen, ein
paar ungarische Soldaten, russische Kriegsgefangene aus dem Ersten Weltkrieg
und auch ein ehemaliger SS-Mann haben dort ihre letzte Ruhestätte gefunden.
1956 wurde dieser Platz auf dem städtischen Friedhof in Idstein eingerichtet.
Opfer des Zweiten Weltkriegs aus der gesamten Umgebung wurden hierher
umgebettet.
Der
Grund, warum es August Höcker und viele andere Soldaten in das kleine
Taunusstädtchen verschlug, sind die beiden Lazarette, die dort im Zweiten
Weltkrieg betrieben wurden. „Bis zum Jahr 1944 wurden die Menschen, die dort
verstorben waren, in ihre jeweiligen Heimatorte gebracht und dort beerdigt“,
weiß Jörg Fried. Erst der zunehmend ungünstige Verlauf des Krieges erzwang dann,
dass die Verstorbenen direkt in Idstein beigesetzt
wurden.
Das
blieb auch noch einige Monate nach Kriegsende so. In dem Lazarett wurden auch
Soldaten behandelt, die in Kriegsgefangenschaft geraten und dort erkrankt
waren. Und nicht alle hatten das Glück, diese Erkrankungen
zu
überstehen.
So
wie August Höcker. Er starb am 25. Juni 1945 um 12.30 Uhr im Reservelazarett I
in Idstein, wie es der Totenschein festhält. Als Todesursache werden dort die
Ruhr, eine Durchfallerkrankung, und starke Unterernährung angegeben. Weiterhin
ist dem Totenschein zu entnehmen, dass August Höcker Soldat war, die deutsche
Staatsangehörigkeit besaß und am 12. März 1905 in Holtfeld
im Kreis Halle geboren wurde.
Noch
einige Details mehr hat Fried über den Verstorbenen herausfinden können, dessen
Tod nicht in den örtlichen Kirchenbüchern verzeichnet ist. August Höcker war
ein Sohn des Landwirts Wilhelm Höcker und dessen Ehefrau Frieda Höcker,
geborene Walkenhorst, aus dem Ortsteil Cleve. Er hat am 25. Oktober 1929 in Holtfeld
eine Frau mit dem Geburtsnamen Frieda Walkenhorst
geheiratet, war vor seiner Soldatenzeit als Hilfsschlosser tätig und wohnte
offenbar in Steinhagen.
„Ich
versuche, mit den Nachfahren der Verstorbenen Kontakt aufzunehmen, um mehr über
die Toten zu erfahren. Über das Internet suche ich nach Menschen mit dem
passenden Nachnamen und schreibe sie dann an“, erklärt Jörg Fried. So kam auch
der Kontakt zu Rita und Heinz-Dieter Höcker zustande, die in
Borgholzhausen-Bahnhof wohnen.
Er
habe auf seine Bitte nach Informationen immer freundliche Reaktionen bekommen,
sagt Fried. So wie von Familie Höcker aus Borgholzhausen – obwohl sie ihm
überhaupt nicht helfen können. Heinz-Dieter Höcker stammt aus einer seit
Generationen in Herford beheimateten Familie und kam durch seine Frau, die als
Rita Küven geboren wurde, nach Borgholzhausen.
Trotzdem
sind auch die Höckers aus Borgholzhausen interessiert
an diesem Namensvetter. Unter Tel. (0 54 25) 64 22 können Menschen, die etwas über
August Höcker wissen, mit ihnen in Verbindung treten. Sie leiten die
Informationen dann an Jörg Fried weiter. „Ich biete regelmäßig Führungen über
das Gräberfeld an“, sagt er. Nach seiner Erfahrung wird der Schrecken des
Krieges lebendiger, wenn die Menschen erfahren können, wie die Toten einst
gelebt haben.
Zweiter Weltkrieg: Am 28. März vor 70
Jahren retten drei mutige Bürger Idstein vor der Zerstörung durch
US-Streitkräfte
Im Krieg gibt
es mutige Menschen, die durch ihren riskanten Einsatz versuchen, noch mehr
Blutvergießen zu verhindern. Zu diesen Menschen gehören der Idsteiner Arbeiter
Albert Kaus, Arzt Dr. Paul Cohaus und Kaufmann Hoefner. Das Trio bewahrte durch seinen Mut Idstein vor der
Zerstörung durch die anrückenden amerikanischen Streikräfte
1945 – genau am heutigen 28. März vor 70 Jahren. Das ist den Aufzeichnungen des
damaligen Idsteiner Pfarrers Boecker zu entnehmen.
Bereits am
27. März 1945 standen die amerikanischen Panzer auf der Autobahn bei Idstein.
Sie hatten bei Remagen den Rhein überschritten. Einen Tag zuvor hatte die Deutsche Wehrmacht drei Reichsbahn-Lokomotiven auf dem
Idsteiner Bahnhof gesprengt, damit sie nicht in die Hände der Amerikaner
fallen. Der stellvertretende Bürgermeister Zimpelmann
forderte, Idstein bis zur letzten Türschwelle zu verteidigen oder an allen vier
Ecken in Brand zu setzen. Versprengte deutsche Truppen zogen hastig aus der
Stadt hinaus in Richtung Feldberg. Vor dem Idsteiner Rathaus hielt ein Panzer
der Waffen-SS. Junge und alte Idsteiner wurden gezwungen, im Tiergarten Gräben
auszuheben und Panzersperren zu bauen. Die Amerikaner schickten Aufklärungsflugzeuge,
um die Lage in Idstein beurteilen zu können. Es sah nach weiterem sinnlosen
Morden und Zerstören aus. Viele Idsteiner waren deshalb aus der Stadt in den
Wald zum alten Badeweiher geflohen.
Es kam
anders: Am 28. März 1945 schossen die US-Streikräfte
mehrere Granaten als Warnung über die Stadt und forderten per Lautsprecher von
der Autobahn her, dass Idstein deutlich zeigen sollte, dass die Stadt
kapituliere. Die zündende Idee hatte in dieser Situation der Talwirt Hermann Guckes. Er schlug
vor, eine große weiße Fahne aus dem Hexenturm zu hängen. Dafür stiftete er ein
weißes Tischtuch und ließ es mit Reißnägeln an einer langen Holzstange
befestigen. Das Problem: Wer traute sich, die Fahne am Hexenturm aufzuhängen?
Denn dort waren noch SS-Verbände anzutreffen. Albert Kaus übernahm die riskante
Aufgabe, hängte die Fahne auf, wurde danach sofort von der SS als
Landesverräter bezichtigt und einem Standgericht zugeführt. Albert Kaus hatte
großes Glück: Der befehlende Offizier ließ den Idsteiner vor dem Hintergrund
des verlorenen Krieges gehen.
Um ganz
sicher zu gehen, dass die Amerikaner erkennen, dass Idstein ohne einen Schuss
übergeben wird, machten sich zwei Parlamentäre ebenfalls mit weißen Fahnen auf
– und fuhren mit einem Sanitätsauto den US-Streitkräften entgegen: Der Arzt
Paul Cohaus und Kaufmann Hoefner.
Sie machten den Amerikanern klar, dass sie in Idstein auf keinen Widerstand
treffen würden.
Parlamentär und Panzer
Um 11.30 Uhr
war es am 28. März soweit: Die ersten amerikanischen Panzer rasselten durch die
Idsteiner Straßen. Auf dem ersten Panzer saß Kaufmann Hoefner
– quasi als Kugelfang. Die deutschen Truppen und die Nazi-Funktionäre hatten
sich bereits abgesetzt. Die Wehrmacht wollte das weitere Vorrücken der
US-Truppen durch Sprengung der Theißtalbrücke
verzögern. Hier verhinderte ein Niedernhausener die
Katastrophe: Er verwahrte die Schlüssel zu den Sprengkammern und machte sich
mit ihnen aus dem Staub. Die Brücke blieb intakt und wurde nicht in die Luft
gejagt wie die bei Limburg. Die in Idstein eingerückten Amerikaner quartierten
Bürger in der sogenannten Neustadt aus und zogen dort selber ein. Die Idsteiner
Lazarette quollen über: Kalmenhof, Schloss und alle Schulen waren mit
verwundeten Soldaten und Zivilisten überfüllt. Idstein war Lazarettstadt. Ihre
Kommandantur richteten die US-Streitkräfte in einem Haus in der Bahnhofstraße
ein. Der Krieg war für Idstein beendet.
Idsteiner Pestalozzi-Schülerinnen
forschen über Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg
Geschichte
finden sie spannend. Aber dass sie auch so anstrengend und berührend sein kann,
haben sie sich nicht vorstellen können. Die beiden Schülerinnen des
Pestalozzi-Gymnasiums, Aila Christ und Silvia Prosser, machen beim Geschichtswettbewerb des
Bundespräsidenten mit und haben unter dem Motto „Anders sein. Außenseiter in
der Geschichte“ das Schicksal von Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg
beleuchtet. Die Idee entstand im Geschichtsunterricht bei Christian Klein im
Rahmen des Projekts „Inside Idstein – Outside School“, dann folgten mehrere
Monate harte Recherchearbeit nach dem Unterricht und am Wochenende.
„Unsere
Freundschaft ist gewachsen“, sind sich die beiden Idsteinerinnen einig. Und
über sich selbst hinaus gewachsen sind sie auch. „Wir haben unsere Grenzen
überschritten“, sagt Aila (13). „Und wir haben bei
allen Höhen und Tiefen nicht aufgegeben“, ergänzt Silvia (14). Das Augenmerk
ihrer Arbeit liegt auf sowjetischen und französischen Kriegsgefangenen in
Deutschland und auf deutschen Gefangenen in der Sowjetunion und in Frankreich.
Im Mittelpunkt stehen Zeitzeugen-Berichte, was nicht nur naheliegend ist, da sie
in der Familie und im Bekanntenkreis selbst von Zeitzeugen wussten. Ihnen war
früh klar, dass ein Thema über Menschen in der Außenseiter-Rolle am ehesten
über persönliche Erfahrungen transportiert werden kann, und so die Leser ihrer
Arbeit auch im Herzen erreicht. Gleichwohl kamen sie um umfangreiches
Quellenstudium in Archiven, Internet und Büchereien nicht herum.
Besonders
berührt haben sie die Gespräche mit den Menschen, die von Berufs
wegen, infolge ihres Ehrenamtes oder persönlich mit dem Schicksal von
Kriegsgefangenen zu tun hatten. Gespräche mit dem Großvater, bei denen auch
unangenehme Themen aus der Vergangenheit nicht ausgeklammert wurden, waren für Aila nichts Neues, etwas mehr Überwindung hat es die beiden
gekostet, für sie unbekannte Menschen zu kontaktieren. Unter anderem waren sie
bei Christel Lentz vom Geschichtsverein und Claudia Niemann vom Stadtarchiv.
Große
Unterstützung
Große
Unterstützung wurde ihnen von Jörg Fried, Experte in Sache
Kriegsgräberfriedhof, zuteil. Auf der Kriegsgräberstätte in Idstein sind auch
russische Kriegsgefangene bestattet. Als Fried die fertige Arbeit überreicht
bekommt, ist er begeistert. „Eine tolle Sache! Das Thema
,Kriegsgefangene’ ist bei so jungen Menschen wirklich außergewöhnlich.“
Aber
nicht immer sind Aila und Silvia auf offene Türen
gestoßen. Bei Anfragen in Altersheimen bekamen sie auch zu hören, dass sie doch
eigentlich viel zu jung für dieses Kapitel der Geschichte seien.
Tatsächlich
ist ihnen das tragische Ausmaß ihres Themas erst im Laufe der Arbeit bewusst
geworden. Nach der Gefangenschaft ging das Leid weiter, Kriegsgefangene waren
auch nach der Rückkehr in ihre Heimat noch Außenseiter, wurden mitunter als
Verräter dargestellt. Das Leben nicht nur der direkt Betroffenen, auch das
ganzer Familien und folgender Generationen wurde stark beeinflusst. „Mit dem
Ende der Gefangenschaft endeten zwar die körperlichen Qualen, die harte Arbeit
und die schlechte Versorgung, das Trauma endet aber nie.“
Zu
jung für dieses Thema haben sich die Schülerinnen nicht gefühlt. Sie haben
vielmehr eine klare Botschaft: „Wir wollen einen kleinen Beitrag gegen das
Vergessen leisten.“
Idsteiner gedenken auf dem
Kriegsgräberfriedhof der Opfer
100 Jahre nach dem
Ersten Weltkrieg gedenken die Idsteiner Bürger der Opfer, die auf dem
Kriegsgräberfriedhof begraben sind.
100
Jahre sind seit dem Ende des Ersten Weltkrieges vergangen. Unzählige Opfer
fielen diesem und folgenden Kriegen zum Opfer, unter ihnen sind nicht nur junge
Soldaten, sondern auch viele Zivilisten. Einige Kriegsopfer sind auch auf dem
Idsteiner Friedhof begraben. „Lichter gegen das Vergessen“ heißt die
diesjährige Aktion der Reservistenkameradschaft Idstein, mit der die Mitglieder
den Toten gedenken wollen: „Wir möchten mit dieser Aktion ein Zeichen für den
Frieden setzten“, erklärt der Vorsitzende der Reservistenkameradschaft, Andreas
Heidler.
250
Kerzen leuchten auf den Grabstätten
Dazu
zündeten die Anwesenden auf jedem Kriegsgrab eine Kerze an – rund 250 Stück
leuchteten am Ende auf und regten so zum Nachdenken, auch über das aktuelle
Weltgeschehen, an. „Die Kriegsgräberstädte ist ein Ort der Trauer, aber auch
ein Mahnmal“, so Bürgermeister Christian Herfurth
(CDU), der die Schirmherrschaft dieser Aktion übernahm. „Eines, das uns an die
unfassbaren Folgen von Kriegen erinnert. An Zerstörung, an Tod, an Verzweiflung
und Trauer.“ Herfurth rief zudem auf, auch in Zukunft
den Opfern zu gedenken. Es liege in unserer
Verantwortung, die Gräber dieses Kriegsgräberfriedhofes, auf dem sowohl
deutsche, russische als auch unbekannte Soldaten und einige Zivilisten
beigesetzt wurden, dauerhaft in Ehren zu halten. Gedacht wurde auch den
Bundeswehrsoldaten, die in diesem und in den letzten Jahren gefallen sind. Als
abschließend das Lied „Der gute Kamerad“ gespielt wurde, das auch heute noch
bei Beerdigungen von Soldaten gespielt wird, hatten die Anwesenden noch einmal
die Gelegenheit, in sich zu gehen.
So
heißt es in dem Lied: „Kann dir die Hand nicht geben, bleib du im ewigen Leben,
mein guter Kamerad!“ Eine Zeile, die auch an all diejenigen erinnert, die nicht
selbst umgekommen sind, jedoch das Leid und den Tod ihrer Kameraden oder
Zivilisten gesehen haben.
Gedenken
auch an eigene Familienangehörige
Mit
dem Gedenken an die Opfer ist oft auch ein Gedanke an eigene Familienangehörige
verbunden. Es ist keine Seltenheit, dass die eigene Familiengeschichte durch
den Krieg geprägt ist. „Eine Liste zum Ersten Weltkrieg, die im Idsteiner
Stadtarchiv liegt, zählt die Namen von 96 Gefallenen aus Idstein“, berichtet
der Bürgermeister trauernd. „Meist ist uns nicht einmal bekannt, wo sie ihr
Grab gefunden haben.“
Herfurth könne sich nicht vorstellen, wie es
den hinterbliebenen Angehörigen, den Müttern,
Ehefrauen und Kindern dabei ergangen sein muss. „Da erscheint die Vorstellung,
dass irgendwo an einem unbekannten Ort jemand eine Kerze aufstellt oder ein
paar Blumen ablegt für den gefallenen Sohn, Ehemann, Vater, Bruder, Schwager
oder den Großvater, den man vielleicht nie kennengelernt hat, sehr tröstlich.“