Die Kriegsgräberstätte auf dem Idsteiner Friedhof
Während man in den ersten Jahren des Zweiten Weltkrieges noch die Toten aus den Idsteiner Lazaretten in ihre Heimat überführte (bzw. auch Idsteiner Tote zurück nach Idstein), war das gegen Ende des Krieges nicht mehr der Fall. Die Transportkapazitäten der Reichsbahn wurden für Truppen, Material und Güter des täglichen Bedarfs (Nahrungsmittel, Kohle, etc.) benötigt. Daher wurden die Toten der Lazarette auf dem Idsteiner Friedhof bestattet.
Die erste Bestattung eines Toten, der nicht aus Idstein stammt, ist am 1. Mai 1944 verzeichnet. Ab November 1944 sind dann wohl alle Toten der Idsteiner Lazarette in Idstein bestattet worden.
Nach dem Krieg errichtete der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge nicht nur große Kriegsgräberstätten, sondern förderte auch kleinere Gedenkstätten auf kommunalen Friedhöfen. In vielen Orten waren Soldaten bei Gefechten – vor allem in den letzten Kriegstagen – umgekommen und auf den dortigen Friedhöfen beerdigt worden. Um die Pflege der Gräber – die ja ewiges Bestandsrecht haben – zu erleichtern und den Bestand zu sichern, bettete man Gefallene um und richtete zentrale Gedenkstätten ein.
Auch in Idstein bot sich die Errichtung einer zentralen Kriegsgräberstätte an, da hier viele Tote aus den Lazaretten beigesetzt waren. Die Stadt ldstein hatte sich bereits 1947 wegen des Ausbaus des Ehrenteils auf dem städt. Friedhof an den Volksbund gewandt. Die Bundesbauleitung hatte daraufhin im Jahre 1949 einen Ausgestaltungsplan angefertigt, der jedoch von den Stadtverordneten abgelehnt wurde.
Hier die Planung der Bundesbauleitung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in München vom 10.01.1950 (für eine größere Ansicht bitte Plan anklicken):
Die Begründung für die Ablehnung durch die Stadt Idstein lautete, dass der Abschluss gegenüber den zivilen Gräbern nicht gewünscht sei. „Seitdem ist viel Papierkrieg in der Angelegenheit geführt worden, und die Stadt Idstein hat daraufhin, nachdem zweimal die Verlegung der Toten auf andere Ehrenstätten vorgesehen war, im Jahre 1955 einen eigenen Ausgestaltungsplan angefertigt.“ (Zitat aus einem Schreiben des Volksbundes vom 21.11.1955). Wie auf dem Plan zu sehen ist, sollte der Zugang zur Gedenkstätte vom Friedhofsweg (auf dem Plan rechts) erfolgen. Ein Zugang zum zivilen Friedhof war nicht vorgesehen. Mit zwei Bleistiftpfeilen ist der Vorschlag der Stadt Idstein eingetragen, den Ehrenfriedhof zu queren und somit in den zivilen Friedhof einzubinden (unten und oben in der Mitte des Planes).
Die Errichtung des Ehrenfeldes – wie es seinerzeit genannt wurde – war mit 30.000 DM veranschlagt. Das Bundesinnenministerium, das für die Finanzierung zuständig war, strich davon 20.000 DM. Unter anderem wollte es eine Begründung, weshalb auch (zunächst) vier Tote des Ersten Weltkrieges auf das Ehrenfeld umgebettet werden sollten. Herr ORR Hofmann – zuständiger Dezernent im hessischen Innenministerium - hat diesbezüglich am 23.11.1955 in Bonn vorgesprochen und gegen die Streichung protestiert.
Für den Fall, dass der Protest des Herrn ORR Hofmann nichts bewirkt hätte, wollte man Herrn MdB Gottfried Leonhard einschalten. Der Pforzheimer Bundestagsabgeordnete war ein Freund des in Idstein bestatteten Albert Hammans. Auf seinen Fahrten von Pforzheim nach Bonn und zurück besuchte er immer wieder den Idsteiner Friedhof und setzte sich stark für den Bau des Ehrenfeldes ein.
All diese Umstände führten dazu, dass sich die Gestaltung des Ehrenfeldes so lange hinauszögerte. „Es ist bedauerlich, daß man nicht mündlich versucht hat, 1950 den Stadtvätern von Idstein den Plan der Bundesbauleitung schmackhaft zu machen. Der Friedhof hätte schon längst fertig sein können. 1951 hat der Landesverband die Verlegung der Toten nach Bensheim, dann später nach Bad Schwalbach vorgeschlagen. Alle diese Dinge haben natürlich hemmend auf die Planung gewirkt.“ (Zitat aus einem Schreiben des Volksbundes vom 11.11.1955).
Im Januar 1956 begann die Umbettung der Toten. Das Foto zeigt das Gräberfeld vor der Umgestaltung. Dabei geht der Blick vom Gräberfeld Richtung neuem Friedhof, wo sich damals noch Schrebergärten befanden. Zuerst wurden die Toten innerhalb des Idsteiner Friedhofes umgebettet, danach die Toten von außerhalb. Die letzte Umbettung nach Idstein erfolgte 1959 – zwei Jahre nach der Einweihung der Kriegsgräberstätte. Insgesamt wurden von außerhalb 25 Tote des Zweiten Weltkrieges und 5 Tote des Ersten Weltkrieges aus dem gesamten Untertaunuskreis (heute Bestandteil des Rheingau-Taunus-Kreises) nach Idstein umgebettet.
Als Begründung für die Umbettung der Toten des Ersten Weltkrieges schrieb der Landrat des Untertaunuskreises am 6.3.1957 an das Regierungspräsidium Darmstadt:
„Die Toten des 1. Weltkrieges wurden umgebettet, um das tatsächliche Ruherecht zu gewährleisten. In einem Falle wurde der Friedhof aufgelöst und sollte sogar das Grab eingeebnet werden.“
Am 21.3.1957 gab der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge folgende Stellungnahme ab:
„Bei der Anlegung des
Ehrenfeldes auf dem städt. Friedhof in Idstein wurde von dem Gesichtspunkt
ausgegangen, eine Anlage zu schaffen, auf der alle ungesicherten Gräber des Untertaunuskreises
vereinigt werden, wobei die Hoffnung eine Rolle spielte, die Unbekannten zu
identifizieren. Wenn hierbei Gräber aus dem 1. Weltkrieg zugebettet
wurden, so wurde dies von Seiten des Volksbundes deswegen begrüßt, weil die
einzelnen Gräber auf dem Gemeindefriedhof nicht genügend gesichert erschienen.
Der Augenschein überzeugt, dass diese Gräber in zwei Generationen so gut wie
vergessen waren. Der Volksbund steht nach wie vor auf dem Standpunkt, dass
die Wahrnehmung des fortdauernden Ruherechts nur auf Ehrenfriedhöfen und
Ehrenteilen gewährleistet ist.“
Bereits am 15.10.1956 informierte der Volksbund Herrn MdB Leonhard über den Fortschritt der Arbeiten und schicke ihm drei Fotos vom Ehrenfeld, u.a. ein Foto vom Grab seines Freundes Albert Hammans. Herr MdB Leonhard bedanke sich am 22.10.1956 schriftlich dafür:
„Am letzten Donnerstag
besuchte ich von Bonn nach Pforzheim zurückkehrend, diesen Ehrenfriedhof und
ich muß sagen, daß mir die
gefundene Lösung ausnehmend gefallen hat. Meine liebe Frau und ich, die wir
schon ab und zu in Idstein waren, sagen Ihnen auf diesem Wege, auch namens der
Angehörigen meines dort ruhenden Freundes Albert Hammans,
herzlichen Dank. […] Nachdem ich den Friedhof in Idstein besucht hatte, sprach
ich bei Herrn Bürgermeister Schreier vor und dankte ihm persönlich für seine
Mühe und beglückwünschte ihn zu der erfolgreichen Gestaltung. Ich werde ihm
aber auch noch schriftlich meinen Dank übermitteln und bitten, diesen auch an
seinen Mitarbeiter, Herrn Stadtbaumeister Fried weiterzugeben.“
Das Foto zeigt den Friedhof nach seiner Vollendung im Juni 1957.
Lange überlegte man, welche Inschrift es am Friedhof geben solle. Im Gegensatz zu der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war den Menschen nicht nach heroischen Worten zu Mute. Man wollte keinen „Helden“ gedenken, sondern um Tote trauern. So entschied man sich für die Worte: „An den Gräbern in der Heimat gedenken wir jener die in fremder Erde ruhen.“ Die Jahreszahlen 1914-1918 und 1939-1945 sollten verdeutlichen, dass es sich um eine Gedenkstätte für die Toten der beiden Weltkriege handelt. Der Schriftzug befindet sich links vom Hochkreuz.
Am 23.6.1957 um 13.30 Uhr erfolgte die offizielle Einweihung der Kriegsgräberstätte in Idstein. Sowohl das Informationsblatt „Kriegsgräberfürsorge“ des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge (heute „Stimme und Weg“) als auch die Idsteiner Zeitung berichteten darüber (è Presse). Mehr als zweitausend Menschen aus „dem Bundesgebiet, aus Mitteldeutschland, aus der Schweiz und Österreich“ (Zitat „Kriegsgräber“ Juli 1957) nahmen an der Einweihung teil.
In den Folgejahren übernahmen Schulklassen die regelmäßige Pflege des Friedhofes. Noch im Dezember 1964 schreibt der Volksbund einem Angehörigen:
„ […] daß wir uns bemühen
werden, wieder eine Schule in Idstein für die Pflege im kommenden Jahr zu
gewinnen. Dabei ist es nicht nur wichtig, dass Schulkinder Blumen zu den
Gräbern bringen, sondern daß nach dem Verwelken der
Blumen die leeren Steckvasen, die die Stadt zu diesem Zweck angeschafft hat,
weggeräumt werden, für den Fall daß eine blumenarme
Zeit eintritt.“
Leider ist die Tradition, dass Schulklassen den Friedhof besuchen und Blumen zu den Gräbern bringen, irgendwann aufgegeben worden.
Eine kurze Zusammenfassung zur Idsteiner Kriegsgräberstätte finden Sie
bei Wikipedia.